Definitionen : Begriffsbestimmung : Bildungsberatung : Themen :: erwachsenenbildung.at (2023)

CC BY Rudolf Götz, Franziska Haydn, Magdalena Tauber 2014 / aktualisiert 2020

Bildungs- und Berufsberatung wird in den europäischen Ländern in unterschiedlicher Weise benannt. Die im Zuge der europäischen Strategieentwicklung verwendeten Begriffe sind "Career Guidance", "Lifelong Guidance" oder "Guidance and Counselling Services ". Die auf der EU-Policy Ebene vorliegenden Definitionen verstehen Bildungs- und Berufsberatung im umfassenden Sinne als ein Element des Abgleichs (Matching) von Bildungs- und Arbeitsmarktsystemen mit individuellen Lebensentwürfen. In Österreich - analog zum deutschsprachigen Raum - wird vielfach der Begriff "Bildungsberatung" verwendet. Die Übertragung des Begriffes "Guidance" in die Form "Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB)" (Härtel/Krötzl 2008) scheint hingegen besser geeignet, die Breite des englischsprachigen Konzeptes aufzuzeigen. Unter dem Begriff IBOBB werden sämtliche Maßnahmen zur Unterstützung von Personen jeder Altersgruppe und in jedem Lebensabschnitt bei der Wahl ihrer Ausbildung und ihres Berufs, wie auch bei ihrer Karriereplanung subsumiert.

  • Begriffsklärung auf europäischer Ebene
  • Internationale Definition von Bildungsberatung
  • "IBOBB": der österreichische Begriff
  • Weitere Informationen und Quellen
(Video) wEBtalk "Wo steht die Bildungs- und Berufsberatung aktuell?"

Begriffserklärung auf europäischer Ebene

Bildungs- und Berufsberatung wird in den europäischen Ländern in unterschiedlicher Weise benannt, z.B. Bildungs-, Berufs- oder Laufbahnberatung, Beratung und Orientierung oder Dienste für berufliche Beratung/Orientierung. Da eine unterschiedliche Terminologie auch unterschiedliche Herangehensweisen in Bezug auf Beratung signalisieren kann, gilt es auf eine wichtige terminologische Unterscheidung hinzuweisen, wonach zwischen der Beratung bei persönlichen Problemen (counselling - deckt im Deutschen eher die sozialpsychologische Beratung ab) und der bildungs- oder berufsbezogenen Bildungs- und Berufsberatung (career guidance) zu unterscheiden ist. Wenn auch eine klare inhaltliche Abgrenzung schwierig ist und in den meisten europäischen Ländern eine solche auch nicht vorgenommen wird, u.a. laut CEDEFOP (2004) auch nicht in Österreich, konzentriert sich die europäische Guidance Perspektive auf die bildungs- und berufsbezogene Beratung.

Demnach sind "Career Guidance", "Lifelong Guidance" (LLG) oder "Guidance and Counselling Services" die im Zuge der europäischen Strategieentwicklung verwendeten Begriffe, die neben allen Formen der Bildungs-, Berufs- und Laufbahnberatung auch die Berufsorientierung, Kompetenzfeststellung und Selbstinformationsangebote mit einschließen und die einzelnen Aktivitäten im Zusammenhang mit lebenslanger Bildungsberatung und Berufsorientierung zusammen fassen. Ins Deutsche werden sie mit dem Oberbegriff "Bildungs- und Berufsberatung" übersetzt.

(Video) wEBtalk "OER für eine gleichberechtigte Erwachsenenbildung"

Internationale Definition von Bildungsberatung

Die auf der Policy-Ebene vorliegenden Definitionen verstehen Bildungs- und Berufsberatung im umfassenden Sinne als ein Element des Abgleichs (Matching) von Bildungs- und Arbeitsmarktsystemen mit individuellen Lebensentwürfen. Da die Entwicklungen am Arbeitsmarkt darauf hindeuten, dass die Übergänge zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung und der Berufswelt immer weniger linear strukturiert sind, sollen alle BürgerInnen befähigt werden, im Laufe ihres Lebens Bildungs- und Berufswege selbst zu gestalten (CEDEFOP 2008). Laut Schlögl (2010) und Schiersmann/Weber (2013) beschränkt sich Bildungs- und Berufsberatung demnach nicht nur auf Übergänge, Sondersituationen und Krisen im Lebenslauf, sondern ist auch auf Potenziale und Möglichkeiten ausgerichtet, sie kann präventiv angelegt sein und ist dementsprechend als ein bei Bedarf zur Verfügung stehendes begleitendes Angebot zu verstehen.

EU-Definition

Der Rat der Europäischen Union definiert Bildungs- und Berufsberatung folgendermaßen (2004): "Vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens erstreckt sich Beratung auf eine Vielzahl von Tätigkeiten, die Bürger jeden Alters in jedem Lebensabschnitt dazu befähigen, sich Aufschluss über ihre Fähigkeiten, Kompetenzen und Interessen zu verschaffen, Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen sowie ihren persönlichen Werdegang bei der Ausbildung, im Beruf und in anderen Situationen, in denen diese Fähigkeiten und Kompetenzen erworben und/oder eingesetzt werden, selbst in die Hand zu nehmen."

  • weitere Informationen zur Lifelong Guidance Politik in der EU

OECD-Definition

Die OECD (2004) definiert Bildungs- und Berufsberatung als "ein Dienstleistungsangebot, das darauf ausgerichtet ist, Individuen jeden Alters zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens dabei zu unterstützen, Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsentscheidungen auf einer gut vorbereiteten und informierten Basis eigenständig zu treffen und ihr (Berufs-)Leben selbst in die Hand zu nehmen. Bildungs- und Berufsberatung hilft Menschen, sich über ihre Zielvorstellungen, Interessen, Qualifikationen und Fähigkeiten klar zu werden. Sie hilft ihnen, den Arbeitsmarkt und das Bildungssystem zu verstehen und diese Kenntnisse auf das zu beziehen, was sie selbst über sich wissen. Umfassende Bildungs- und Berufsberatung erschließt Informationen über den Arbeitsmarkt und über Bildungsmöglichkeiten, indem sie diese organisiert, systematisiert und verfügbar macht, wann und wo Menschen sie benötigen."

(Video) 34. Weinviertelakademie

IBOBB - der österreichische Begriff

In Österreich – analog zum deutschsprachigen Raum – wird vielfach der Begriff "Bildungsberatung" verwendet. Hinsichtlich der tatsächlich erbrachten Leistungen und des intendierten Nutzens für die BeratungskundInnen greift dieser Begriff laut Schlögl jedoch zu kurz. Laut Schlögl (2010) scheint die Übertragung des Begriffes "Guidance" in die Form "Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf (IBOBB)" (Härtel/Krötzl 2008) hingegen gut geeignet, die Breite des englischsprachigen Konzeptes aufzuzeigen. Hintergrund dieser begrifflichen Dimensionen ist ein umfassendes Verständnis von Leistungen, das schon im Zuge des OECD-Projekts "Career Guidance Policies" entwickelt wurde (Härtel 2011). Unter dem Begriff IBOBB werden sämtliche Maßnahmen zur Unterstützung von Personen jeder Altersgruppe und in jedem Lebensabschnitt bei der Wahl ihrer Ausbildung und ihres Berufs, wie auch bei ihrer Karriereplanung subsumiert. Mit Hilfe dieses umfassenden Begriffs soll, so Peter Härtel (2011), "die vielfältige, ganzheitliche und umfassende Dimension dieses Leistungsbereichs im Rahmen von Konzepten des Lebenslangen Lernens, der Beschäftigungsentwicklung und der sozialen Gemeinschaft klar positioniert werden".

In der folgenden deskriptiven Begriffsklärung von IBOBB werden unterschiedliche Konzepte und Settings hinsichtlich ihrer Zielsetzungen oder Methoden dargestellt (Härtel/Krötzl 2008):

Information

Information dient der Wissensvermittlung, der Wissensergänzung zum vermittelten bzw. vorhandenen Wissen (Additivum) sowie der Wissensvertiefung (Verständnis).

(Video) Wie unterscheiden sich die Begriffe Bildung und Lernen? - Steffi Robak über Erwachsenenbildung

Beratung

Unter Beratung wird jede klärende, orientierungserleichternde, katalysatorische Vorgangsweise verstanden, bei der das Problemfeld exploriert, strukturiert (oft durch Einsatz wissenschaftlich fundierter Diagnostik), auf den Problemkern fokussiert und hinsichtlich der Ziele bzw. Zielverhaltensweisen analysiert wird. Wichtig ist hier ein ressourcenerschließendes bzw. kompensatorisches Vorgehen.

Orientierung

Orientierung wird in diesem Zusammenhang als Bezeichnung von pädagogischen Maßnahmen verwendet, die in vielfältiger, prozesshafter Weise verschiedene Methoden zur Reflexion eigener physischer, kognitiver und mentaler Voraussetzungen zur Bildungs- und Berufswahl mit Information und Überblick über Möglichkeiten der Ausbildung und des Berufszuganges verbinden. Orientierung dient zur Stärkung fokussierter Wahrnehmung entscheidungsrelevanter Daten, Fakten und Entwicklungen und deren Interpretation in Hinblick auf individuelle Lebenspläne, führt zum Denken in Alternativen und zur Fähigkeit, bewusst reflektierte Entscheidungen zur Bildungs- und Berufswahl zu treffen.

Begleitung/Förderung

Begleitung wird betrachtet als jede längerfristige, fachliche Anteilnahme an einem Entwicklungsprozess, wobei hauptsächlich durch Feedback-Methoden eine Verbesserung der Steuerungsfähigkeit des Individuums bzw. Subsystems oder Systems erreicht wird. Anwendungsfelder sind z.B. Supervision, begleitende Evaluation, Coaching etc.

Förderung ist ebenfalls eine längerfristige, fachliche Anteilnahme an einem Entwicklungsprozess, wobei es hier vor allem um die Entwicklung genau beschriebener Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten geht und die Rolle der Betreuerin/Lehrerin bzw. des Betreuers/Lehrers insbesondere die direkte Vermittlung von Kompetenzen umfasst.

Weitere Informationen

(Video) wEBtalk "Erwachsenenbildung im digitalen Wandel"

Quellen

  • CEDEFOP (2008): Panorama. Von der Politik zur Praxis. Ein systemischer Wandel der lebensbegleitenden Beratung in Europa. »Link
  • CEDEFOP (2004): Panorama. Strategien zur Bildungs- und Berufsberatung: Trends, Herausforderungen und Herangehensweisen in Europa. Brüsse. »Link
  • Härtel, Peter (2011): Dimensionen der Qualität in der Bildungsberatung und Berufsorientierung. In: AMS info 195. »Link
  • Härtel, Peter/Krötzl, Gerhard (2008): Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf - IBOBB. Strategien zur Bildungsberatung und Berufsorientierung als ein Kernelement der nationalen Strategie zum Lebenslangen Lernen. BMUKK.
  • OECD (2004): Career Guidance and Public Policy. Bridging the Gap. »Link
  • Rat der Europäischen Union (2004): Entwurf einer Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über den Ausbau der Politiken, Systeme und Praktiken auf dem Gebiet der lebensbegleitenden Beratung in Europa. Brüssel.
  • Schiersmann, Christiane/Weber, Peter (Hg.) (2013): Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung. Eckpunkte und Erprobung eines integrierten Qualitätskonzepts. »Link
  • Schlögl, Peter (2010): Beraterische Intervention als funktionale Kommunikation in individuellen Entscheidungsprozessen. In: Magazin erwachsenenbildung.at, Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs, Ausgabe 9. Wien. »Link

FAQs

Welche Art von Beratungen gibt es? ›

In einer Beratung stellt dann der Berater ganz bewusst und mithilfe unterschiedlicher Konzepte und Methoden seine eigenen Sichtweisen und Perspektiven denen des Kunden gegenüber. So soll der Kunde zur für sich besten Lösung kommen.
...
  • Form 1: Prozessberatung.
  • Form 2: Fachberatung.
  • Form 3: Komplementärberatung.

Was ist situative Beratung? ›

Situative Beratung

Die Ratsuchenden wissen, für welche Lebenssituation sie sich durch Weiterbildung eine Veränderung erhoffen. In der Beratung muss abgeklärt werden, ob sich die beschriebene Situation über Weiterbildung verändern lässt.

Welche Kompetenzen muss ein Berater haben? ›

Top-Fähigkeiten erfolgreicher Consultants
  • Sie arbeiten strukturiert. ...
  • Sie besitzen Problemlösungskompetenz. ...
  • Sie arbeiten transparent. ...
  • Sie denken strategisch. ...
  • Sie sind innovativ. ...
  • Sie besitzen Führungskompetenz. ...
  • Sie kommunizieren strategisch. ...
  • Sie können überzeugen.

Welche Kompetenzen bei Beratung? ›

Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Rhetorik, Fachwissen und soziale Kompetenzen – Soft Skills, die gute Beratungskompetenzen ausmachen.

Was sind Ziele einer Beratung? ›

Was sind die Beratungsziele? Ganz allgemein gesprochen ist das Ziel von Beratung die persönliche Auseinandersetzung, mit der bestehenden Konfliktsituation: rational als auch emotional und auf der Grundlage der eigenen Werte .

Was ist das Ziel von Beratung? ›

Ziel von Beratung kann es sein, Informationen weiterzugeben, den Adressaten zu einer bestimmten Handlung oder einem Unterlassen zu bewegen oder ihn bei der Bearbeitung von Problemen, der Klärung von Themen oder dem Treffen von Entscheidungen zu unterstützen.

Was sind Ziele von Beratung? ›

Kurzfassung: Das Ziel aller Beratungen ist es, dass Sie als ratsuchende Person mehr Sicherheit in Ihrem Leben erlangen. Die Beratung ist auf Ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse ausgerichtet und behandelt Ihr Problem oder Anliegen.

Was sind Beratungsmethoden? ›

Eine Beratungsmethode ist ein Werkzeug, um individuell den geeignetsten Weg zu finden. Diese drei Methoden widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich. In der Beratung erfahren Sie immer von den Möglichkeiten und Grenzen jeder Methode.

Was zählt zu Beratung? ›

Zu den Beratungsformaten können zählen: Coaching, Klientenzentrierte Beratung, Lösungsorientierte Beratung, Mediation, Neuro-Linguistisches Programmieren, Psychodynamische Beratung, Systemische Beratung, Supervision.

Welche Arten von Beratung gibt es in der Pflege? ›

Neben der professio- nellen Beratung hat sich eine Vielzahl von Beratungs- angeboten aus dem Bereich der Selbsthilfe in Form von Beratungsstellen, telefonischer und online Bera- tung etabliert. Zur Umsetzung von Beratungsangeboten liegen nur wenige Erkenntnisse vor.

Videos

1. wEBtalk: Zeit in der Erwachsenenbildung
(erwachsenenbildung .at)
2. Prof. Dr. Steffi Robak: Kulturelle Bildung
(FernUniversität in Hagen)
3. wEBtalk "Zwischen Prekariat u. Professionalisierung. Arbeitsbedingungen in der Erwachsenenbildung"
(erwachsenenbildung .at)
4. Prof. Dr. Helmut Heid - Gastvortrag zur Buchpräsentation im Feb 2008
(Yoga Forum München e.V. Reinhard Bögle)
5. PI System Staff Training: Adult Learning
(OSIsoft Learning)
6. Uebersicht Modul Bildungsmanagement Studiengang Educational Leadership
(Karl-Ludwig Knispel)
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Author: Catherine Tremblay

Last Updated: 05/19/2023

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